Gemma Bovery

Ich liebe gute Geschichten. Und Simmonds kann welche erzählen. Wie schon in Tamara Drewe. Vielleicht habe ich deshalb bei ihr immer den Eindruck, eher einen illustrierten Roman, als einen Comic zu lesen. Tatsächlich liegt das Verhältnis zwischen längeren, erzählerischen Passagen und Zeichnungen fast bei 50:50, mehr noch als in Tamara Drewe. Man kann richtig in die Geschichte versinken und hat lange daran zu lesen.

Gemma Bovery, Hauptfigur dieses Albums,  lebt in London, zieht aber mit ihrem Mann in ein Dorf in der Normandie. Weil London so stressig ist. Doch der anfängliche Charme des Landlebens verwandelt sich schnell in Langeweile. Also fängt sie ein Verhältnis mit einem Studenten an, der von seinen Eltern aus Paris ins Landhaus der Familie verbannt wurde, um dort für sein Examen zu büffeln.

Raymond, der Bäcker des Ortes, entdeckt ihre Affäre durch einen Zufall. Er zieht Verbindungen zu den Ereignissen in Flauberts Madame Bovary. Es stimmt so viel überein: Die Ähnlichkeit des Namens, die Affäre auf dem Land. In dem Roman geht die Geschichte schlecht aus. Emma vergiftet sich mit Arsen, ihr Gatte stirbt ebenfalls. Raymond will Gemma davor bewahren. Dass seine Motivation pure Eifersucht ist, gesteht er sich erst später ein. So nehmen die Missverständnisse ihren Lauf.

Simmonds erzählt die Geschichte unterhaltsam und spannend. Die Zeichnungen, mit weichem Strich zu Papier gebracht, skizzieren die Charaktere überzeugend und kommen eingängig rüber. Der Plot am Ende ist überraschend und originell. Ein Album, bei dem man das Gefühl hat, einen guten Comic und ein gutes Buch gelesen zu haben. Klasse gemacht.

Posy Simmonds: Gemma Bovery
106 Seiten, schwarzweiß, 20,- Euro, Reprodukt, ISBN 978-3-941099-72-2
> Leseprobe

Kommentieren?

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..