Letztes Wochenende im Januar

Ach ja, Vivès: Das berühmte Comicfestival in Angoulême. Mit dem Besucherstrom aus aller Welt trifft der längst etablierte Zeichner Denis Choupin ein, auch er ist Teil dieser gigantischen Maschinerie. Routiniert arbeitet er die Signierstunden und Meetings ab, plaudert leutselig mit Fans. Alles ist wie immer, nur die Staubschicht auf allem ist vielleicht noch ein bisschen dicker geworden. Bis in der Schlange vor seinem Signiertisch eine Frau steht, die für ihren Mann eine Widmung möchte… (Verlagstext)

Es ist wirklich schwer zu sagen, wie Vivès es immer wieder schafft, aus einem belanglosen Setting eine Geschichte zu entwickeln, die einen emotional mitnimmt: Ein Comiczeichner, verheiratet, der Sohn will sich in zwei Tagen verloben, Denis muss seinen Zug umbuchen, aber alles ist voll. Dann die Termine, die Signierstunden, die Ausstellungen, die Preisverleihung, die Mappe, die er einem Interessenten zeigen will – die ganze hektische Festival-Routine, die so gar nichts von Starruhm und Glamour hat. Jedenfalls nicht für Denis. Dazu kommt seine neue Serie, sein Texter hat sie auf neun Bände konzipiert, der pure Stress. Bis er die Frau trifft.

Und nein, es entwickelt sich keine große Lovestory, wie denn auch. Nicht nur er, auch sie ist liiert, was soll da schon passieren. Aber auch aus einem Nichts und einem Hauch von Möglichkeit kann Vivès Spannung und Atmosphäre entwickeln – und den Leser am Ende in Melancholie versinken lassen. Dazu braucht er nicht mal viele Worte. Nach Nationalfeiertag, das ich eher mäßig fand, wieder mal ein Album von ihm, das mit der Intensität (und Sensibilität) von Eine Schwester, In meinen Augen oder Polina mithalten kann. Gefühle – das kann er.

Bastien Vivès: Letztes Wochenende im Januar
Aus dem Französischen von Resel Rebiersch
184 Seiten, SW, gebunden, 22,80 Euro, schreiber&leser, ISBN 978-3-96582-147-7
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