Blast

Tja, da kann man nur gratulieren – die Zeichnungen in diesem Album sind wirklich allererste Sahne. Während Larcenet bislang mit Die Rückkehr aufs Land eine eher humoristische, und mit Der alltägliche Kampf  eine wunderschön erzählte (und ebenso schön gezeichnete) Alltagsgeschichte vorgelegt hat, begibt er sich mit Blast in eine düstere Schwarzweißwelt, die nur in den seltenen Momenten mit Farbe angereichert wird, wenn der Blast über Polza Mancini hereinbricht.

Blast ist ein englisches Wort. Es bezeichnet den Druckeffekt, die Stoßwelle einer Explosion. Eine Explosion ist eine Überdruckwelle… Und da steht man nun, mit diesem Überdruck… als wäre man für einen Sekundenbruchteil schwerelos. Das erzählt Mancini den Polizeibeamten, die ihn wegen eines Verbrechens verhören. Um den Polizisten klar zu machen, dass er immer dann, wenn der Blast über ihn kommt, die Welt so sieht, wie sie wirklich ist. Eine von jeglicher Moral unbelastete Welt… Herrlich.

In einer von jeglicher Moral unbelasteten Welt kann man natürlich tun, was man will. Und das tut Mancini. Er trennt sich von einer Familie, lebt in der Gosse und im Wald, verwildert zusehends und hat mit gesellschaftlichen Konventionen nichts mehr zu tun.

Larcenet erzählt seine Geschichte mit großer emotionaler Wucht, und so sehen die Zeichnungen auch aus. Viel Schwung, viel Dynamik, manchmal nur als Skizze oder Schatten in der Nacht, dann wieder mit vielen Details in Mimik und Gesten. Es ist ein anderer Larcenet, als der, den man kannte. Man hat den Eindruck, als hätte sich nicht nur seine Hauptfigur von allen sozialen, sondern er selbst sich auch von allen grafischen Zwängen befreit.

Leider ist es nur der erste einer auf vier Bände konzipierten Serie. Aber auch unabhängig von den Fortsetzungen ist dieser Band sein Geld wert. Larcenets Bilder sind eine Welt für sich. Beim flüchtigen Durchblättern im Laden vielleicht nicht auf den ersten Blick zugänglich. Aber wenn man sich erstmal reingelesen hat, kommt man nur schwer wieder davon weg. Herausragend.

Update 6.6.2015: Band vier ist da – die Reihe damit abgeschlossen. Grafisch absolut stark und eigenwillig und erzählerisch rundum spannend, mit einem überraschendem – fast schon banalem – Ende. Eine Serie für Liebhaber grafisch anspruchsvoll erzählter Geschichten.

Top 10

Manu Larcenet: Blast
Vier Bände: je 208 Seiten, schwarzweiß, gebunden, 29,- Euro, Reprodukt,
ISBN 978-3-943143-12-6 (Band 1)
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