Die Schlange und der Kojote + Ein verdammter Handschlag

Zwei neue Krimis aus dem Splitter-Verlag: 1970, irgendwo in Utah. Der alte Joe fährt mit seinem Wohnmobil scheinbar ziellos durch die Wüste, wobei ihm ein zutraulicher Hund zuläuft, der etwas merkwürdig aussieht. Viele Meilen entfernt in Kalifornien genießt Carlo den Sonnenuntergang über dem Meer, ohne zu wissen, dass es sein letzter sein wird. Und in New York sind die FBI-Beamten, die mit dem großen Prozess gegen die italienische Mafia betraut sind, in heller Aufregung, denn ihr Hauptzeuge Guiseppe Barella ist spurlos verschwunden. (Verlagstext)

Wer auf typische Noir-Krimis steht, kann mit Alben von Matz nichts falsch machen. Seine lakonisch erzählten Geschichten arbeiten sich zwar fast alle an den üblichen Klischees ab (Tomboy, Querschläger, Der Killer), machen das aber sehr gründlich und in aller Ruhe. Dabei geht es nie um die Frage, wer das Spiel am Ende gewinnt, sondern mehr darum, wie er das wieder dreht. Philippe Xavier bebildert die Story mit soliden Zeichnungen, schönen Landschaftsmotiven und jeder Menge Rückblicke in starkem Schwarzweiß. Der Dialog mit dem Hund läuft sich als Running Gag zwar schnell tot, aber wer auf typische Noir-Krimis steht, kann hier tatsächlich nichts falsch machen.

Matz, Philippe Xavier: Die Schlange und der Kojote
Aus dem Französischen von Hanna Reininger
144 Seiten, gebunden, 29,80 Euro, Splitter, ISBN 978-3-98721-129-4
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Was tust du, wenn dir ein Fremder 6.000 Euro für einen Handschlag bietet? Der kleinkriminelle Loser Luca Stoffels fackelt nicht lange, denn er kann das Geld gut gebrauchen: Nicht nur, dass er pleite ist und seine streitlustige Ex ihm die Bude ausgeräumt hat – Luca hat auch noch Schulden bei einem gefährlichen Gangsterpärchen. Luca schlägt begeistert ein, doch dadurch kommt er vom Regen in die Traufe: Benedikt Bosch will im Austausch für die Kohle nämlich Lucas Seele. Der Schwarzmagier hat seine eigene im Austausch an den Dämon Faffnir verkauft, und der will Boschs Seele schon sehr bald einsacken. Weil der Deal aber übertragbar ist, ist Bosch aus dem Schneider, wenn er jemanden findet, der dumm genug ist, für ihn in die Bresche zu springen. (Verlagstext)

Auch hier von der Story her nichts Neues, das aber in ebenso frischem wie dynamischem Design. Hier geht es hin und her und rauf und runter. Denn als klar wird, dass dieser Deal kein Gag, sondern bittere Realität ist, bleiben Luca noch genau 24 Stunden, um seinerseits jemanden zu finden, dem er die Hand schütteln kann. Das ist nicht leicht, und der Dämon hat schlechte Laune. Zur Auflockerung reichern die beiden Comic-Newcommer Jan Bintakies (Zeichnungen) und Matze Ross (Szenario) ihre Story mit humoristischen Elementen an. Das ist unterhaltsam, wird allerdings ziemlich hektisch inszeniert. Und ist trotzdem ein starkes Debüt. Die Zeichnungen können sich sehen lassen, und man spürt auf jeder Seite, wie viel Spaß die beiden hatten, als sie an diesem Album gearbeitet haben.

Jan Bintakies, Matze Ross: Ein verdammter Handschlag
168 Seiten, gebunden, 25,- Euro, Splitter, ISBN 978-3-95839-462-9
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Der Prinz und die Schneiderin

Ein Comic für Teens ab 12 Jahren: Lasst euch verzaubern vom romantischsten Märchen des Jahres! Tagsüber vorbildlicher Sohn des Königspaars, nachts unterwegs im glamourösen Nachtleben von Paris als Lady Crystallia. Prinz Sebastian wird zur Ikone der Welthauptstadt der Mode – davon darf allerdings nie jemand erfahren! Nur seine beste Freundin Frances, die ihm die brillanten Kleider schneidert, ist eingeweiht. Doch Frances möchte ihre Entwürfe nicht für immer im Verborgenen halten und muss sich entscheiden – für Sebastian, der ihr unglaublich viel bedeutet, oder ihren Lebenstraum, eine anerkannte Designerin zu werden. Eine wunderschön gezeichnete Graphic Novel über Liebe, Identität und Familie. Ausgezeichnet mit dem Eisner Award. (Verlagstext)

Mitte des 19. Jahrhunderts war es so weit: Die ersten Kaufrauschtempel in Form moderner Warenhäuser eroberten die Metropolen der kapitalistischen Welt. In diesem Album soll eine Eröffnung mit einer großen Modenschau gefeiert werden, um die Damenwelt zu beeindrucken. Hier könnte der Traum von Frances wahr werden. Die junge Schneiderin hat viel Fantasie und den Mut, gewagte Kostüme statt konventioneller Langeweile zu produzieren. Sie träumt von einer Karriere als Modedesignerin.

Leider kann sie die Gelegenheit, die sich bietet, nicht wahrnehmen. Als anonyme Schneiderin von Prinz Sebastian, die den Königssohn Nacht für Nacht in einen Traum von Tüll und Seide verwandelt, droht das Geheimnis des Prinzen aufzufliegen, würde Frances ähnliche Kleider für die Modenschau entwerfen. Und ein Prinz, der auf Frauenkleider steht, war im 19. Jahrhundert bestenfalls eine Lachnummer. Wo doch seine Eltern, die von alledem nichts wissen, schon seit Monaten versuchen, für ihren Thronfolger eine passende Gemahlin zu finden. Ein Album rund um Mode, Herz, Schmerz und verpasste Gelegenheiten. Nett gezeichnet und spannend geschrieben – die ideale Lektüre für pubertierende Teenies.

Jen Wang: Der Prinz und die Schneiderin
Aus dem Amerikanischen von Annette von der Weppen
288 Seiten, gebunden, 20,- Euro, Carlsen, ISBN 978-3-551-02700-9
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Fineprint

Wie besänftigt man ein gebrochenes Herz? Mit Junkfood? Alkohol? Geht man fragwürdige Verträge mit längst vergessenen Gottheiten ein? Lauren Thomas ist das alles egal. Als Königin der miesen Entscheidungen trifft sie immer die schlechteste Wahl. Also doch ein teuflischer Vertrag mit dem Gott der Begierde? Und das ist nur der Anfang einer Geschichte über Götter und Sterbliche, Liebe, Lust und Tod, und alles beginnt mit dem Biss in einen goldenen Apfel … (Verlagstext)

Dass Stjepan Sejic ein starker Geschichtenerzähler ist, hat er in seiner SM-Lovestory Sonnenstein gezeigt. Auch die Folgereihe Sonnenstein: Mercy lässt sich bisher gut an. In seiner neuen Serie Fineprint dreht sich ebenfalls alles um Liebe, Erotik und Verlangen, aber hier spielen auch die Götter mit. Ein gehöriger Schuss Fantasy ist also dabei: Ich bin eine stolze Nachfahrin des großen uralten Gottes der Liebe uns des Verlangens: Eros, gesteht Merryl der verdutzten Lauren. Ich wurde von meinem Volk verstoßen und bin eine große Enttäuschung für meine Familie.

Lauren ist sich nicht sicher, ob das hier Realität oder eine Art Nachwirkung des Alkoholkonsums der vergangenen Nacht ist. Sie stellt aber fest: Ich mochte Merryl. Sie hatte diese hinreißende Aura des Versagens. Und was die Frage nach Fiktion oder Wirklichkeit angeht – die folgende Liebesnacht ist in der Tat göttlich. Dumm nur, dass Merryl keine Göttin der Liebe, sondern des Verlangens ist – und der Preis für lustvoll ausgelebte Begierden im lebenslangen Verlust der Liebesfähigkeit besteht. Soll Lauren sich darauf einlassen?

Zeichnungen und Figuren erinnern an die Atmosphäre von Sonnenstein. Die Story kommt allerdings etwas schwurbelig daher. Lust gegen Liebe, das ist eine ziemlich zusammengehirnte Konstruktion. Dazu kommen allerlei konkurrierende Götter, und dann sind da noch die emotionalen Verirrungen der menschlichen Protagonisten. Für meinen Geschmack ein Tick zu wirr, und mit Göttern habe ich es auch nicht so. Die Geschichte ist eher was für Fans von Succuben, Cupids und ähnlich jenseitigen Luststeigerungswesen. Gut gezeichnet ist sie, und auch an Situationskomik mangelt es wie in Sonnenstein nicht. Dem Nachwort von Sejic zufolge sollen es mindestens drei Bände werden.

Stjepan Sejic: Fineprint
Übersetzung Sandra Kentopf
176 Seiten, gebunden, 29,- Euro, Panini, ISBN 9783741633300