Meta-Barone

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Es war ja schon bei James Bond und Superman so, dass der Auftrag darin bestand, die Welt zu retten. Als Mindestanforderung, sozusagen. Das ist 50 Jahre her, und wenn man den Gigantismus und Heroismus solcher Geschichten steigern möchte, muss man sich zwangsläufig immer krudere Plots ausdenken. Am besten eignet sich dazu das Fantasy- und Science-Fiction-Genre, denn hier kann man jede noch so unlogische Story mit dem Argument entschuldigen, es handele sich schließlich um Fantastie und müsse daher nicht logisch sein. Wenn man dann noch einen Schuss Esoterik dazu gibt, geht so ziemlich alles.

Dass man unter solchen Voraussetzungen ebenso geniale wie bescheuerte Geschichten schreiben kann, lässt sich an kaum einem Comicautor besser verdeutlichen als an Jodorowsky. In seiner Difool-Reihe hat er in den ersten 6 Bänden rundum originelle Geschichten erzählt – ein Paradebeispiel für den kreativen Einsatz von Fantasie. Bei den Meta-Baronen setzt er vor allem auf brachiale Gewalt und auf ein Szenario, das schon in seiner Grundanlage völlig daneben ist: Eine Kriegerkaste, die ihre Blutlinie dadurch erhält, dass nur derjenige der neue Meta-Baron werden kann, der seinen eigenen Vater in einem tödlichen Kampf besiegt. Jeder Historiker und Soziologe wird einem sagen, dass eine Gesellschaft, in der die Jungen die Alten metzeln, sozial nicht überlebensfähig ist. Es ist kein Zeichen von Fantasie, sondern eher eins von Fantasielosigkeit, wenn einem Autor nichts anderes mehr einfällt, als immer mehr Gewalt mit immer mehr sozialen Unmöglichkeiten zu kombinieren.

So gesehen wäre die Reihe um die Meta-Barone nicht besonders erwähnenswert – wären da nicht die Zeichnungen von Gimenez. Seine opulenten Bilder sind eine Klasse für sich (und ja, ich gebe es zu: Sein Zeichenstil eignet sich gerade für solch martialisch erzählte Geschichten hervorragend). Dazu kommt, dass die liebevoll aufgemachte Collectors-Edition, in der der Splitter-Verlag die Serie publiziert, wirklich keine Wünsche offen lässt. Die vier Bände, in denen jeweils zwei Alben der Reihe enthalten sind, werden in edlem Hardcover publiziert. Da fehlen Erläuterungen von Gimenez und Jodorowsky zum Making-of ebenso wenig wie der herausnehmbare Extradruck am Ende des Bandes. Die Story wird davon nicht besser, aber wer darauf steht, wird hier zumindest gut bedient.

Juan Gimenez, Alexandro Jodorowsky: Die Kaste der Meta-Barone
144 Seiten, gebunden, 26,80 Euro, Splitter, ISBN 978-3-940864-00-0 (Band 1)
> Leseprobe (Band 3)

5 Gedanken zu “Meta-Barone

  1. die kritik an der geschichte zeigt nur die völlige inkompetenz des kritikers der offensichtlich keine ahnung vom john difool universum hat. hallo ? es geht hier um die familie die generation für generation den größten krieger des universums hervorbringt! glaubt der autor das wäre möglich ohne die kinder extrem hart und erbarmungslos auszubilden und zu formen? durch streicheleinheiten wird jedenfalls niemend zum größten krieger des universums werden…

    offensichtlich fehlt dem kritiker die nötige vorstellungskraft um tatsächlich in die welt von jodorowski einzutauchen…

  2. Ich finde keinen Widerspruch zwischen den beiden Kritiken. Wie? Vater metzeln – gibts im Tierreich, zumindest wenn der Vater zu schwach geworden ist, um seine Weibchen zu behaupten. Und in einem solch tierischer Comic darf das also auch vorkommen. Ich gebe aber auch zu bedenken, dass die beste Motivation für einen Winner immer noch aus einer ethisch und sozial positiven Einstellung kommt. Die bösen verlieren schon meist, weil sie wissen dass sie sch… sind.
    Gelle?

  3. Urgh. Warum klicke ich auf Links am Ende von Wikipedia-Artikeln.

    Ja, es gibt einiges an den Metabaronen, auf dem man herumhacken kann: Fett aufgetragenes Pathos, Figuren die eher Archetypen als Menschen sind, die Tatsache, dass jedes Problem entweder durch Technologie gelöst wird oder überhaupt nicht, Symboliken und Botschaften, die hart an Esoterik grenzen, ein etwas unrunder Abschluss.
    Eine gute Kritik wäre darauf eingegangen.

    Hier aber mit soziologischer Plausibilität zu kommen ist verfehlt, schlicht dumm: Die Kaste der Metabarone schlittert ständig knapp am Aussterben vorbei. Der Comic zeigt ausführlich, dass die Traditionen und Riten der Familie Castaka grausam und manchmal kontraproduktiv sind. Militärisch funktionieren sie nur deswegen, weil ein Metabaron einem durchschnittlichen Krieger dieses Universums geradezu unendlich überlegen ist, dank quasi-magischer Technologie und recht sci-fi-stereotypen „mentalen“ Kräften.

    Stereotyen hin oder her, Jodorowsky hier Fantasielosigkeit vorzuwerfen, ist schlicht absurd. Ein Stakkato aus Raumschlachten, absurden Außeirdischen, Techno-Hexerei und tragischer Elemente prasselt auf den Leser ein. Es ist trashig bis zum Abwinken, brutal bis zur Katharsis, pathetish und tragisch und nicht jedermanns Sache. Aber es ist sehr gut.

  4. In der Tat, die Vorwürfe der Fantasielosigkeit oder der historisch-soziologischen Implausibilität scheinen mir auch wie Fehlgriffe. Repetitiv und stellenweise albernst überzeichnet träfen es eher. Dazu die mehr als bemüht „lustige“ Rahmenhandlung um die beiden Roboter (allerdings, zugegeben, mit einem sehr schönen Absetzpunkt im späteren Verlauf der Geschichte, egal ob von vorneherein so angelegt oder nicht), Gimenez mangelhafte Kontrolle der Erzählstruktur auf einer Comicseite, überhaupt ein Zeichenstil der wohl beeindruckt und stellenweise überwältigt (beides scheint erklärtes Ziel) aber in seinem Detailreichtum wenig Platz lässt, Interessantes hineinzulesen, und so unpoetisch wie möglich daherkommt, und maximalpathetischen Protagonisten die zumindest mir keine Ansatzpukte für emotionale Identifikation bieten. Und eine sehr anstrengende Freigiebigkeit mit den oft recht sinnfrei eingesetzten Prä- und Suffixen „meta“, „proto“, „paläo“ usw.
    Allgemein verstehe ich im Rückblick nicht, warum ich tatsächlich alle vier Bände erworben habe.

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