
Nach Dracula veröffentlicht Splitter jetzt die Frankenstein-Adaption von Georges Bess: Sie revolutionierte den englischen Schauerroman, sie schuf einen zeitlosen Klassiker, der bis heute zahllose Bearbeitungen und Adaptionen inspirierte, und sie legte den Grundstein für das komplette Genre der Science Fiction: Mary Shelley und ihr Roman »Frankenstein« können in ihrer literarischen Bedeutung kaum überschätzt werden... In Tuschezeichnungen, die kraftvoll und elegant zugleich die wilde Romantik ihrer literarischen Vorlage heraufbeschwören, erschafft Bess ein düsteres Werk von künstlerischer Exzellenz. (Verlagstext)
Wobei Frankenstein meist auf die reinen Horror-Elemente reduziert wird. Vor allem im Film lassen sich die Zuschauer gerne von missgestalteten Wesen erschrecken – dramaturgische Feinheiten sind da nicht so wichtig. Dabei ist dieser Roman von Mary Shelley mehr Melodram als Horror. Ähnlich wie Victor Hugos auch gerne auf Äußerlichkeiten reduzierter Glöckner von Notre Dame, oder Shelleys weniger bekannte Erzählung Die Verwandlung.
Georges Bess tappt nicht in die Horrorfalle. Er präsentiert ein mitleiderregendes Wesen, das bei Wind und Kälte einsam durch die Wälder irrt, keiner Fliege etwas zuleide tut, oft hungert, meist friert und jeden Kontakt mit Menschen meidet. Weil Menschen entweder aus Angst vor ihm fliehen, oder ihn erschlagen wollen. Um an seiner Einsamkeit nicht zugrunde zu gehen, geht er schließlich in die Offensive. So wird er durch die Reaktion seiner Umwelt auf ihn erst zu dem, als was er bekannt wurde: ein Monster. Damit bringt Bess die Essenz der Geschichte auf den Punkt. Das ist super erzählt und eindrucksvoll gezeichnet. Auch das abwechslungsreiche und raumlassende Layout ist sehenswert. Und wie immer, wenn es bei Splitter um kultige Zeichner geht, wurde das Album sehr wertig produziert: als bibliophile Ausgabe mit versilbertem Cover und Bonusmaterial im Anhang.
Georges Bess, Mary Shelley: Frankenstein
Übersetzung aus dem Französischen von Harald Sachse
208 SW-Seiten, gebunden, 39,80 Euro, Splitter, ISBN 978-3-96792-362-9
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