Der Speichermann + Möser

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Eine Literaturadaption und eine Biografie. Im Speichermann dreht sich alles um einen alten Mann, der auf dem Dachboden eines alten Herrenhauses lebt. Verlagstext: »Unten im Haus mühten sich die Träger mit dem Sarg ab, doch ich wollte nicht zusehen, und so kam es, dass ich auf dem Speicher umherirrte und dabei den alten Mann entdeckte. Er lebte ganz allein dort oben.« Ein uralter Landsitz hinter schneebedeckten Hügeln. Ein verwunschener Dachboden voller Wunder und Schrecken. Und ein kleiner Junge, der bei seinen Expeditionen in die verwinkelte Speicherlandschaft eine unheimliche Entdeckung macht: Die Familie war nie allein im Haus. Ein rätselhafter Mann haust seit Generationen hinter einer Wand aus Ölgemälden, und er lockt mit Schokolade … Die winterliche Schauergeschichte von Spiegel-Bestsellerautor Kai Meyer (»Die Seiten der Welt«) als Graphic Novel, brillant adaptiert von Jana Heidersdorf (»Stephen Kings Sleeping Beauties«)

Der Speichermann war Meyers erste bezahlte Kurzgeschichte. Sie hat eine etwas unwirkliche Atmosphäre – wie alte Dachböden eben auf kleine Kinder wirken: spannend, geheimnisvoll, etwas gruselig und voller Abenteuer. Man stöbert durch die alten Sachen, die dort abgestellt sind und hofft, dass einen weder die Eltern, die das Betreten des Dachbodens verboten haben, noch irgendwelche Ungeheuer, die dort möglicherweise hausen, dabei erwischen. Wobei der kleine Junge sich in diesem Fall – zumindest am Anfang – noch recht clever anstellt. Jana Heidersdorf nimmt sich den Originaltext (die komplette Geschichte ist im Anhang noch einmal abgedruckt) und bebildert sie mit düster-phantasievollen Motiven, die die Sicht von Kindern gut nachempfindet. Für Erwachsene nicht wirklich gruselig, aber eine gelungene Adaption in sehr eigenem Stil.

Jana Heidersdorf, Kai Meyer: Der Speichermann
72 Seiten, gebunden, 18,- Euro, Splitter, ISBN 978-3-95839-008-9
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Verlagstext: Wer war Justus Möser? In welcher Zeit lebte er? Der bedeutende Osnabrücker Jurist, Literat und Staatsmann Justus Möser (1720–1794) gilt als Aufklärer in der Ständegesellschaft. Seine historische Bedeutung ist verbunden mit dem Prozess der Veränderungen seiner Zeit, als sich der fürstliche Obrigkeitsstaat in einen bürgerlichen Rechtsstaat zu wandeln beginnt. »Möser – die Graphic Novel« beleuchtet am Beispiel des Osnabrückers das Zeitalter der Aufklärung. Die Epoche sorgte für wichtige gesellschaftliche Veränderungen, die bis in die Gegenwart von zentralem gesellschaftlichem Einfluss sind. Zu denken ist an die Ausbildung der individuellen Freiheit als zentrales Menschenrecht, die Relevanz von autonomer Vernunft und Kritikfähigkeit. Die Ideen der Aufklärung sind heute wieder absolut aktuell. Um es mit Kant zu sagen: »Wage zu wissen! Befreie dich aus deiner selbstverschuldeten Unwissenheit.« Möser war Teil dieser progressiven Zeit an der Wende zur Moderne. Dabei blieb ihm das historisch Gewachsene wichtig.

Also was immer das auch sein mag, was Borstel und Eickmeyer uns hier vorlegen: Ein Comic ist das nicht. Erst recht keine Graphic Novel. Während ihre Remarque-Adaption Im Westen nichts Neues und die sehr informative Migranten-Geschichte Liebe deinen Nächsten zumindest noch teilweise Comic-Elemente enthielten, hat man hier das Gefühl, man befinde sich in einer Ausstellung. Sind es am Anfang noch doppelseitige Gemälde, über die massenweise erläuternder Text gelegt wird (keine Interaktion mit irgendwas, nur Informationen), überwiegen gegen Ende immer mehr die Texte, und von den Bildern ist kaum noch etwas zu sehen.

Das sehr ärgerlich, denn rein optisch ist es ein Prachtband: An den wunderschönen Bildern von Eickmeyer kann man sich kaum satt sehen und hätte gerne mehr davon, und das Layout kommt absolut edel und stylisch daher. Jede einzelne Seite ein Genuss. Nur: Sobald man anfängt zu lesen, wird man – so interessant Thema und Person auch sind – unweigerlich an langweiligen Geschichtsunterricht erinnert. Als Begleitheft zu einer Ausstellung käme dieser Traum aus gefühlvoller Kolorierung und stilvollem Design sicher prima – aber als Comic?

Update 24.10.20: Wie Splitter mitteilt, ist dieses Album tatsächlich auch als Begleitband zu einer entsprechenden Ausstellung in Osnabrück entstanden.

Peter Eickmeyer, Gaby von Borstel: Möser – die Graphic Novel
64 Seiten, gebunden, 17,- Euro, Splitter, ISBN 978-3-96219-405-5
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