Das Erbe

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Rutu Modan ist eine Comiczeichnerin aus Israel, die aktuelle Entwicklungen aus ihrem Heimatland aufgreift und in ihren Werken verarbeitet. In diesem Album steht eine alte Hinterlassenschaft in Warschau im Zentrum der Erzählung. Eine ältere Dame, die vor den Nazis aus Polen geflohen ist, kehrt mit ihrer Enkelin nach Jahren zurück, um Anspruch auf ein Erbe zu erheben. Zumindest behauptet sie, deswegen nach Warschau gekommen zu sein. Der Enkelin, einer jungen Frau von Anfang zwanzig, kommt es allerdings komisch vor, dass ihre Oma immer wieder versucht, in Warschau eigene Wege zu gehen. Das Haus, das sie erben soll, scheint sie dabei weniger zu interessieren.

Überhaupt hat die alte Dame einen erfrischend eigenen Kopf. Was ihr nicht einleuchtet, tut sie nicht, und so gibt es schon beim Abflug in Israel Stress, weil sie sich weigert, eine volle, gerade eben gekaufte Wasserflasche wegzuwerfen – was der Sicherheitsbeamte von ihr verlangt. Stattdessen trinkt sie das Wasser vor versammelter Mannschaft in aller Ruhe aus, was die Schlange vor dem Abflugschalter nicht eben kürzer macht. Auch in Warschau macht sie ihr eigenes Ding und trifft einen ihrer Enkelin unbekannten Mann.

Der kauzige Charakter der alten Dame macht einen Großteil des Charmes dieses Albums aus. Auch die anderen Figuren sind nicht uninteressant – vor allem, weil man oft nicht weiß, aus welchen Motiven heraus sie wirklich agieren und der Leser lange im Unklaren gelassen wird. Die Zeichnungen sind sparsam und eingängig. Modan schafft es, mit wenigen Strichen viel Ausdruck in die Gesichter ihrer Figuren zaubern. Ein unterhaltsames Album, das vor allem von seiner Spannung lebt.

Rutu Modan: Das Erbe
224 Seiten, gebunden, 24,90 Euro, Carlsen, ISBN 978-3-551-78576-3

Update 25.3.2017: Diese schöne Geschichte gibt es bei Carlsen jetzt auch  als Paperback für 11,99 Euro.

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