3 Sekunden

Eins muss man Mathieu lassen: Ideen hat er. Seine Art, Normalität so durcheinander zu wirbeln, dass man nicht weiß, wo oben oder unten oder wo der Anfang und das Ende sind (und man sich irgendwann fragt, ob es so etwas wie einen Anfang und ein Ende im Leben überhaupt gibt), das ist ebenso einzigartig wie hirnzerdatternd. Und immer, wenn man glaubt, er habe alle Möglichkeiten ausgeschöpft, fällt ihm wieder etwas Neues ein.

In 3 Sekunden besteht jede Seite aus insgesamt neun gleichgroßen Panels – je drei nebeneinander in drei untereinander liegenden Reihen. Jede Seite beleuchtet eine Situation, in der das Ausgangsmotiv Panel für Panel stärker herangezoomt wird. Bild für Bild werden mehr Details sichtbar, bis schließlich ein Gegenstand erscheint (Handy, Display, Vase, Goldzahn, Kameraauge, Fenster) in dem sich wieder andere Ereignisse spiegeln, die dann ebenfalls Panel für Panel herangezoomt werden, bis darin der nächste Gegenstand erscheint, in dem sich…

Durch diese Technik wird die Geschichte immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Die Story (ein Krimi) muss der Betrachter sich mehr oder weniger selbst zusammensetzen: Leser, bitte ermitteln Sie. Also kein Album für Freunde geradliniger Handlungen, sondern mehr ein Comic für Tüftler und Freunde ausgefallener Erzähltechniken. Wer die Geschichte nicht durchblättern, sondern als Film sehen will, kann das übrigens online tun – sie wurde als hybrides Epos konzipiert, das man, wenn man den Zugangscode aus dem Album eingibt, auch als Flash-Film bestaunen kann. Very sophisticated, oder: mal wieder typisch Mathieu.

Marc-Antoine Mathieu: 3 Sekunden
80 Seiten, schwarzweiß, 18,- Euro, Reprodukt, ISBN 978-3-943143-06-5
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