Die Plastikmadonna

Es gibt Konstellationen, die zwangsläufig zu Problemen führen. Eine Ehe, in der die Frau gläubige Katholikin und der Mann strammer Kommunist ist, gehört dazu. Obwohl man glauben sollte, dass sich die Standpunkte im Laufe der Jahre und Jahrzehnte annähern, oder doch gegenseitig zu tolerieren lernen.

Leider nicht bei Familie Garnier. Großmutter Émilie kehrt beglückt von einer Wallfahrt zurück und ist sauer, weil ihr Mann sie nicht vom Bus abholt. Der wiederum ist sauer, als Émilie eine Marienfigur aus Plastik auf dem Fernsehgerät platziert. Er droht mit Scheidung für den Fall, dass sie die Figur nicht wieder entfernt und hängt, als diese Drohung nicht zum Erfolg führt, aus Rache ein Portrait von Lenin über dem Fernseher auf. Somit wäre bei Familie Garnier also alles wieder in gewohnter Unordnung – aber dann beginnt die Plastikmadonna plötzlich blutige Tränen zu weinen. Ein Wunder?

Prudhomme und Rabaté ironisieren den normalen Wahnsinn einer Großfamilie auf liebevolle Weise. Während die Nachbarn bereits beginnen, Blumen vor dem Haus abzulegen, stellt ein mit der Wahrheitsfindung (Ist es echtes Blut oder nicht?) beauftragter Arzt fest, dass das Blut der Madonna über ausgezeichnete Cholesterinwerte verfügt. In Ângouleme wurde das Album 2008 zu einem der fünf besten Comics des Jahres gewählt.

David Prudhomme, Pascal Rabaté: Die Plastikmadonna
128 Seiten, gebunden, 18,90 Euro, Carlsen, ISBN 978-3-551-78969-3

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