Wika

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Wieder mal so eine typische Fantasy-Operette: Der Herzog Grimm und seine angetraute Frau Titania, beides Feen, leben glücklich mit ihrer kleinen Tochter Wika, ebenfalls eine Fee, auf Burg Grimm. Leider gönnt der böse Prinz Oberon ihnen das traute Familienglück nicht, denn Oberon war lange Zeit selber in Titania verknallt. Dass die Holde sich für einen anderen entschieden hat, kann er nicht verwinden, also erobert er die Burg mit seinen Heeren und massakriert die Bewohner samt Herzog und Herzogin. Doch die haben den Schrecken kommen sehen und die kleine Wika vor Oberons Rache bei einem Ehepaar auf dem Land in Sicherheit gebracht. Keine Frage, was Wika tut, als sie erwachsen wird.

Wer Comickunst öfter liest, weiß, dass ich mit dieser Art Fantasy nichts anfangen kann. Es ist im Grunde die immer gleiche Story, und wer am Ende gewinnt, weiß man jetzt schon. Wenn ich die auf vier Bände angelegte Reihe hier trotzdem vorstelle, dann deshalb, weil die Bilder von Ledroit (Die Chroniken des schwarzen Mondes, Xoco, Requiem) wirklich üppig sind. Eine ebenso bunte wie wilde Mischung aus Märchenbuch, Steampunk, Feenwelt und Opernkitsch, in der es auf jeder einzelnen Seite viel zu sehen und zu entdecken gibt.

Magie und Hexerei, Rosen und Stahl, grausame Zähne und sinnliche Lippen, elegantes Flechtwerk und Stickereien, silberne Schwerter und Klappzylinder, süße Feen und wilde Trolle, finstere Mörder und zärtliche Liebende, hilfreiche Verbündete und ruchlose Verräter – hier findet man alles, was eine verwunschene Welt braucht, und mit Farbe wird auch nicht gegeizt. Schade zwar, dass die einzige Figur, die ein bisschen Lockerheit in die Story bringt, bereits kurz vor Schluss gemeuchelt wird – aber es sind ja noch drei Bände angekündigt. Inhaltlich purer Kitsch, aber das Artwork ist zum Augendrinbaden: bombastisch, üppig und expressiv.

Update 1.9.20: Band drei ist da, und Überraschung: Statt der angekündigten vier Bände wird die Reihe mit Band drei abgeschlossen. Das ist doch mal was anderes, als die Serien, die ewig und ewig und ewig verlängert werden und schließlich in Belanglosigkeit sterben. Band drei wartet dafür mit 94 Seiten auf (davon zwei ausklappbare Doppelseiten). Die Story ist Edelkitsch von vorne bis hinten, inhaltlich hat sie nicht mehr zu bieten als eine Aneinanderreihung von Schlachten und Fabelwesen, aber die Zeichnungen sind einfach abgefahren. Man fragt sich unwillkürlich, wie viele Tage Ledroit an einer einzelnen Seite sitzt, bei den vielen, vielen Details, die er darin unterbringt. Auch die Kolorierung ist klasse. Wer die Alben von Ledroit oder überhaupt Fantasy dieser Art mag, wird seine Freude daran haben.

Olivier Ledroit, Thomas Day: Wika (3 Bände)
je 72 – 94 Seiten, gebunden, 15,80 – 22,- Euro, Splitter, ISBN 978-3-95839-005-8
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