Lulu – Die nackte Frau

Eigentlich hatte ich ein paar Tage Urlaub genommen, um das Bad zu renovieren. Und nun fuhr ich Lulu hinterher. Nach zwei Stunden Fahrt komme ich ziemlich schlecht gelaunt an der Küste an. Ich treffe sie auf der Promenade. Mit einem Kerl! Was tun? Ich folge ihnen. Lange. Wie ein Idiot. Mir ist sofort klar, dass die beiden sich noch nicht lange kennen. Sie kleben regelrecht aneinander. Wie zwei alte, etwas lächerliche Teenies. Wisst ihr, woran ich denke, während ich sie beobachte? Ich denke an ihr alltägliches Leben, das sie im erdrückenden Schatten von Tanguy führt, der als Ehemann nicht gerade einfach ist. Ich denke, dass sie nicht viel gute Zeit erlebt hat. Ich sehe sie an und frage mich: „Wer bin ich, um das hier zu stören?“

Er ist ein guter Freund von ihr. Und hinter ihr her gefahren, weil sie ohne Erklärung verschwunden ist. Nur ein Anruf: Ich komme später. Das war vor drei Tagen. Wieso, weshalb, wohin sie ist – kein Wort. Weder zu ihrem Mann, noch zu den Kindern. Die machen sich Sorgen und verstehen nicht, was die bislang brave Mutter und Hausfrau dazu verleitet, plötzlich ihr eigenes Ding zu machen.

Davodeau erzählt die Geschichte einer Frau, die sich eine Auszeit nimmt, weil sich gerade die Gelegenheit ergibt. Per Zufall. Es ist nichts Geplantes. Sie lässt sich einfach treiben und genießt. Den Wind. Die Sonne. Das Meer. Den Fremden. Und was der Zufall ihr noch so über den Weg laufen lässt. Ein Comic für Freunde der leisen Geschichten. Gut gezeichnet, schön erzählt, spannend geschrieben.

Étienne Davodeau: Lulu – Die nackte Frau
160 Seiten, gebunden, 24,80 Euro, Splitter, ISBN 978-3-86869-560-1

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