Young

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Eine finstere Geschichte, die im finstersten Kapitel deutscher Geschichte spielt: Geboren 1911 in Tunis, lernte Victor «Young» Perez schon in jungen Jahren das Boxen. Beim Sportverein Makkabi verfeinerte er seine Technik und startete mit seinen ersten Kämpfen. 1931, im Alter von nur 20 Jahren, reihte er sich bereits in die großen Legenden des Boxsportes ein, als er als jüngster Boxer den Weltmeistertitel im Fliegengewicht errang. Nach diesem Sieg genoss er Ruhm, Reichtum und die Liebe im Paris der 1930er-Jahre, bevor seine Karriere als Boxprofi durch den Einmarsch der Deutschen abrupt endete. Er tauchte unter, wurde jedoch 1943 verraten, verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Dort zwang man ihn wieder in den Ring zu steigen, um zur Unterhaltung der SS-Schergen in Schaukämpfen gegen andere Häftlinge zu kämpfen. (Verlagstext)

Die Geschichte erinnert an Reinhard Kleists Comicbiografie über Hertzko Haft, die bei Carlsen unter dem Titel Der Boxer erschienen ist. Und wie Der Boxer ist auch Young absolut empfehlenswert – allerdings um einige Grade düsterer. Victor Perez, der aufgrund der jungen Jahre, in denen er bereits als Boxer erfolgreich war, den Spitznamen Young bekam, hat schon in seiner tunesischen Heimat Probleme, weil er Jude ist. Bei einem befreundeten Schuster, der großer Box-Fan ist, schwappt die Box-Begeisterung auf den kleinen Victor über. Szenarist Aurélien Ducoudray baut die Geschichte prima auf. Er erzählt nicht linear, sondern wechselt zwischen den Zeiten vor, und denen in Auschwitz. Dadurch werden Gegensätze zwischen (oft) identischen Situationen noch deutlicher.

Für die Grafik sorgt der französische Zeichner Eddy Vaccaro. Er koloriert seine Bilder wie schon in seiner Adaption von Stevensons Selbstmörderclub monochrom – in diesem Fall in einem dunklen Braun. Das passt. Im Gegensatz zu Kleists Boxer hat Young kein Happy End. Heute ist eine Boxhalle des Institut National des Sports in Paris nach ihm benannt. 1986 wurde er in der International Jewish Sports Hall of Fame eingetragen.

Top 10 2016

Eddy Vaccaro, Aurélien Ducoudray: Young (Tunis 1911 – Auschwitz 1945)
Aus dem Französischen von Karolina Heidinger
128 Seiten, gebunden, 22,- Euro, bahoe, ISBN 978-3-903290-63-1
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