Weiße Felder

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Ein Blick hinter die Kulissen der Welt des Comics – mit diesen Worten bewirbt Splitter diese Graphic Novel, die von Orbital-Texter Sylvain Runberg geschrieben wurde. Das ist richtig, aber nicht nur. In dem Album geht es um die Angst vor dem leeren Blatt, das einem höhnisch entgegenglotzt, während der Abgabetermin auf perfide Weise näher und näher rückt – und dieses Gefühl kennen nicht nur Comiczeichner, das kennt auch jeder Schriftsteller, Komponist oder sonstwie kreative Mensch.

In diesem Fall geht es um Vincent, einen Zeichner, der bereits einige erfolglose Alben abgeliefert, aber mit dem ersten Band seiner neuen Serie Der Pfad der Schatten einen echten Bestseller gelandet hat. Über 100.000 Exemplare sind bereits verkauft, für den Folgeband liegt das Szenario fix und fertig vor, und alle warten auf die ersten Seiten von Vincent. Er auch. Denn weder beim Joggen, noch beim Nachdenken, und erst recht nicht beim Das-leere-Blatt-anstarren kommen ihm brauchbare Ideen. Das ist nicht nur deshalb schlecht, weil der Erscheinungstermin bereits feststeht, sondern auch, weil der Verlag mit seinem Restprogramm immer mehr in die roten Zahlen rutscht und den zweiten Band dringend braucht, um weitermachen zu können.

Runberg erzählt seine Geschichte sehr überzeugend. Vincent mogelt sich mit immer durchsichtigeren Ausreden um die Abgabe der fertigen Seiten herum, und im Verlag überlegen sie bereits, einen anderen Zeichner für die Serie zu engagieren. Das Ende der Geschichte kommt dann etwas überraschend, bietet aber immerhin einen Ausweg. Und wirft die Frage auf, ob Blockaden nicht auch daran liegen können, dass man mit dem vorgegeben Thema eigentlich nichts anzufangen weiß, während es bei Themen, die einem auf den Nägeln brennen, wieder überraschend schnell und flüssig läuft.

Olivier Martin, Sylvain Runberg: Weiße Felder
88 Seiten, gebunden, monochrom, 17,80 Euro, Splitter, ISBN 978-3-95839-144-4
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