
Sieben Jahre Arbeit – und das nur für den ersten Band. Der zweite soll in vier Jahren erscheinen (bei optimistischer Schätzung): Karlheinz Stockhausen gilt als einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Insbesondere als Pionier der elektronischen Musik erlangte er ab Mitte der 1950er-Jahre Bekanntheit und schuf Klänge, die man nie zuvor gehört hatte. In den folgenden Jahrzehnten strahlten seine radikalen Neuerungen und Kompositionen, seine avantgardistischen Orchester- und Bühnenwerke weit über Deutschland hinaus und nicht zuletzt auch in die Popkultur – zu seinen Bewunderern zählten die Beatles und Miles Davis. „Der Mann, der vom Sirius kam“ nähert sich Karlheinz Stockhausen ebenso kundig wie persönlich: Erzählt wird die mehrphasige Geschichte der Stockhausen-Verehrung des jugendlichen Thomas von Steinaecker, die den Leser*innen darüber hinaus die bewegte Biografie des kontroversen Komponisten nahebringt. (Verlagstext)
Tja – da kann man nur gratulieren. Dieses Album ist sicher eines der besten des Jahres – völlig unabhängig davon, ob die Fortsetzung in vier oder x Jahren oder überhaupt nicht mehr erscheint. Denn schon alleine dieser Band ist in Konzeption, Erzähltechnik und vor allem in der Visualisierung der Geschichte (und der Musik!) schlicht genial. Ich konnte mit Stockhausens Musik nie etwas anfangen (hat sich auch nach der Lektüre des Albums nicht geändert), aber das muss man auch nicht, um zu erkennen, dass nicht nur Stockhausen, sondern auch dieses Album schlicht von einem anderen Stern kommt.
Autor Thomas von Steinaecker war nicht nur ein Fan von Stockhausens Musik, er war später auch mit ihm befreundet. Das ermöglicht ganz andere Sichtweisen auf den Künstler. Von Steinaecker macht dabei nicht den Fehler, Objektivität vorzutäuschen. Man erfährt ebenso viel über seine eigene Kindheit in provinzieller bayrischer Langeweile, nur unterbrochen von den seltsamen Schallplatten, die der Vater mitbrachte. So nähert sich von Steinaecker erst der Musik, und später dem Künstler durch Besuche auch persönlich an.
Und wo der erzählerische Aufbau schon klasse ist, kann man über die grafische Umsetzung durch David von Bassewitz (Vasmers Bruder) nur staunen. So lebendig, so abwechslungsreich, so kreativ, und auch die Kolorierung ist vom Feinsten. Seine Aquarelle sind oft mehr Skizze als Bild – wie auch die Musik von Stockhausen oft mehr Skizze als Partitur ist. Fast jede Seite ein echter Hammer. Obwohl ein völlig anderes Thema hat mich das Album atmosphärisch an David Smalls Stiche erinnert. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass dieses Album Preise ohne Ende einheimsen wird. Besser kann Graphic Novel nicht sein.
David von Bassewitz, Thomas von Steinaecker: Stockhausen
392 Seiten, gebunden, 44,- Euro, Carlsen, ISBN 978-3-551-73366-5
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